Gastbeitrag von David Lieske
19. Oktober 2010new york bericht
nun sollte ich also in die stadt in der sich meine karriere und mein lebens glueck entscheiden sollte. alle meine freunde waren sich darueber einig das new york „die stadt“ fuer mich sei.
schon der abschied kam mir eher wie eine entsendung vor. ich wurde ausgestattet mit euphorischen prophezeiungen, darueber wie sich mein leben ab dieser entscheidenen weichen stellung nun wohl aus gestallten wuerde.
ein ganz neues lebens gefuehl, neue einsichten, liebe, geld und erfolg wurden mir in aussicht gestellt. die zusammen arbeit mit dem brand neuen jung galeristen in der upper eastside wurde mir allerseits als genie streich angepriesen. der abflug war dann einfach. direkte maschine berlin – new york ohne zwischenlandung 6 filme halb gesehen. darunter viele lieblingsfilme wie zum beispiel „the nanny diaries“ in der scarlett johanson die nanny der ehemaligen gagosian gallery direktorin spielt. das ist genau was ich sehen moechte jeden tag und stundenlang. immer wieder versucht scarlet johanson einem das richtige leben im falschen zu erklaeren in den schoensten bildern mit den schoensten menschen im hellsten sonnenschein. ueber das immer klare wetter und die beeindruckenden licht verhaeltnisse hatte ich ja schon viel gehoert. die unmenschlichkeit der verhaeltnisse, auch was das wetter betrifft, laesst sich im film genauso so leicht wie in der sprache manipulieren.
sehr gute einstimmung auf meine neue heimat: die upper eastside. dann quer gesehen „the wizard of oz“ und schon auf das neue john waters buch gefreut das ich gleich nach meiner ankunft vor hatte zu kaufen.
ich hatte ein wenig vergessen das new york ja als das epizentrum der kunstgeschichte und gegenwart gehandelt wird und eine ausstellung dort sowas wie etwas besonderes ist, das man seinen eltern eine karte schicken sollte damit sie wissen das es weiter geht und sie sich keine sorgen machen brauchen. das hatte ich wirklich vergessen oder verdraengt, obwohl mir das ja auch schon andere leute gesagt hatten zum beispiel das es jetzt eben „richtig los ginge…“ ich hatte das wohl nur geschafft komplett zu irgnorieren weil meine angst vor der reise einfach groesser gewesen war. das war wohl auch der grund warum ich keine ausstellung vorbereitet hatte. sondern nur einige nicht zwingend zusammen haengende gegenstaede eingepackt hatte von denen ich mir vorstellte sie vielleicht ausstellen zu koennen.
der erste punkt auf meinen social calender sollte ein welcome bbq in der galerie sein zu dem ich auch meine alten musik freunde einladen durfte… auch die anderen deutschen die grade auf der durchreise oder verliebt waren kamen alle vorbei. immer dann, wenn ich auf die frage was ich denn ausstellen wuerde mit „keine ahnung“ antwortete sah ich in panik verzerrte gesichter. einige menschen warnten mich an diesem abend auch schon nicht noch eine chance in den wind zu schiessen und eigentlich niemand fand es lustig oder besonders clever das ich wenig bis garnicht vorbereitet angereist war.
das gehoert sich hier nicht liessen sie mich wissen. bei aller transgression die man im gepaeck haben sollte (das hatten mir auch vorher leute suggeriert), in dieser stadt wird ehrliche arbeit erwartet – das waere ja wohl das mindeste.
ich fuehlte mich erstmal noch auf der richtigen seite und absolut im vorteil und kam mir so vor als haette ich alles richtig gemacht. der galerist war in den vorgespraechen immer sehr entspannt gewesen und hatte mir nie das gefuehl gegeben besonders viel von mir zu erwarten mein erster vorschlag die filme alien II und III in der galerie zu zeigen hatte ihm gefallen. er hatte sogar explizit darauf hingewiesen das er keine „konventionelle ausstellung“ haben wolle, wobei ich mich immer gefragt hatte was das ueberhaupt sein koennte, hatte ich doch vorher immer gedacht das die kunst die ich machen wollte oder die andere machen auf deren namen wir uns geeinigt hatten mit sowas sowieso nichts am hut hatten, also die gefahr in keinster weise bestuende.
ich hatte wohl einfach nicht richtig hingehoert oder extra nur halb um mich nicht verhalten zu muessen.
am naechsten tag dann zum ersten mal ernsthaft antreten. mit grosser freude hatte ich die „lockvoegel“ auf den galeristen tisch gelegt die ich am tag vorher noch beim jaeger geschaeft auf der friedrichstrasse eingekauft hatte.
die mit samt beflockten plastik elstern konnten bei ihm leider keine grosse euphorie ausloesen und so langsam wurde mir klar das ich vielleicht doch auch ein wenig viel erwartet hatte von diesem schnellschuss.
schnell die dinger wieder in meinen kaefig gebracht, der sich direkt durch einen ikea paravon vom ausstellungs raum getrennt befand.
dann erstmal muffelig am tisch rumsitzen, googlen und bilder von haarigen maenner sortieren immer wieder drauf schauend das mich die spiegelungen meines monitors im buero fenster nicht verraten wuerden. bis zum mittagessen zeit totgeschlagen dann langsam panik ausgebrochen…..
zwei wochen spaeter:
meine situation hatte sich komplett geaendert. es war ploetzlich nichts mehr da von der anfaenglichen non productive attitude, vielmehr befand ich mich in mitten eines gigantischen produktions prozesses den ich aus angst den anforderungen nicht naeher zu kommen selbst angeleiert hatte. afrikanische stoffe waren massen weise gekauft worden. das war mir wieder eingefalen das die mir in london gut gefallen hatten und ich hatte eben gehoert in new york gaebe es alles das sich fuer geld kaufen liesse und so war es dann eben auch. die strukturen in der galerie waren einfach und hierachisch gegliedert, der galerist alex zachary war der beobachter und kontrolleur der hilflosen anstrengungen meinerseits und dem ueberaus hillfreichen galerie assistenten mathew sova der sich als absluter gluecksfall heraus gestellt hatte. ueber die massen grosszuegig ging er mit seiner bildung und intuition um. ich befragte ihn alle fuenf minuten darueber was er denn besser faende. gott sei dank hatte er immer eine schnelle antwort parat. das mag wohl daran gelegen haben das er erstens unter staendiger beobachtung des galeristen chef bosses stand und zweitens keinerlei ambitionen in irgendeine richtung verfolgte. werder hatte er den job des galerie assistenten als sprungbrett zum kuenstlertum avisiert, wie es sonst ubelich ist, noch wollte er wirklich eine rolle spielen in der peripherie des betriebs. ich verliebte mich sofort in ihn…
FORTSETZUNG
Am 24. September 2010 um 11:27 Uhr Ich fahre jetzt zu einem Drillingsvater im sogenannten Soldiner Kiez, der im Ubuntu-User-Forum Berlin als Supporter aufgeführt ist, es aber eigentlich nicht mehr macht, weil er jetzt Drillingsvater ist und als Portrait einen Grizzly-Bären hat. Ich habe schon Angst. Er soll mein Tagebuch vom Sommer retten. (Von Mitte Juni bis 20. September ist alles weg.) Er könne mir allerdings nicht viel Hoffnung machen und sei kein professioneller Datenretter. Mir ist schlecht. Gestern war ich erst am Teufelssee und dann auf dem Glockenturm im Olympia-Gelände. Sehr empfehlenswert.
Erst war noch eine Reisegruppe oben, die so sprachen wie wenn Harald Schmidt seinen Heimat-Dialekt nachmacht, Esslingen, Nürtingen oder so, ganz ganz schlimm, sie sagten 300 Mal hintereinander: Desch iss die Siemensstadt do hinte, ned? isch des d Siemensstadt? jo, desch is d Siemensstadt do hinte, müßt d Siemensstadt sei? isch es des do, d Siemensstadt? ich dachte nur: haut endlich ab ihr Schweine. Dann hauten sie ab und es kam niemand mehr. Es war sehr schön alleine dort oben. Der Aufzug fährt so schnell hoch, daß man lacht. (Diese Nazis, krass.)