Kirche der Heiligen der letzten Tage

Nachdem ich mich so beeilt hatte die 8 Kilometer zur Schaubühne zu fahren, fiel Dath („Deutschland macht dicht“) aus, Deutschland verreckte.

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Weiter unten am Kurfürstendamm zeitgleich Pause in „Die Perle Anna“ mit Anita Kupsch und „Die Hochzeitsreise“ mit Herbert Hermann im Theater bzw. Komödie am Kurfürstendamm. Herbert Herrmann, dem der Durchbruch mit „Fleisch“ gelang, heißt im wirklichen Leben Günther Waran. Er gewann 1977 den Bravo Otto in der Kategorie und wird nächstes Jahr 70 Jahre alt. Anita Kupsch ist bereits am 18.5.2010 70 geworden, bekannt als in Dr. Pfitzmann verliebte Arzthelferin Gabi Köhler aus der Schöneberger Praxis Bülowbogen (1987 – 1996).

Ich kann sie irgendwie gut leiden.

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Das sehenswerte Pausenpublikum traute ich mich nicht zu fotografieren und schämte mich zu denken, daß die 50 bis 60jährigen Freundinnen, bevor sie abends zum 70jährigen Herbert Herrmann gehen, nachmittags einen Friseurtermin wahrnehmen, sich die Haare toupieren lassen, sich eine Glitzerstola umhängen und spitze hohe Schuhe anziehen. Aber warum? diese Tatsache, die ganze Situation hier, inbegriffen mir, die Worte in der Umgebung, die alten Werbekästen – alles fantastisch gut, wenn man so will zugleich natürlich furchtbar, schwer, also sehr, erhaltenswert. Darüber zerrinnt einem das Leben zwischen den Fingern.

(womit soll man sich aufhalten, womit nicht?)inflatable.JPG.jpg

Dann sind die Leute wieder reingegangen.

Gegenüber der Schwestern-Theater ist das Hotel California. Unten ein BREE-Laden. Wenn ich eine Tasche sehe auf der BREE steht, muß ich das Wort sofort aussprechen: BREE. Das rührt von einem Katz u. Goldt Comic, wo einer einen Rucksack von BREE hat. BREE. Dann Gourmet-Coffee Caras, gut besucht ein Restaurant-Café Petrocelli, Maredo im Bristol.
Da sitzense.

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Zwischen Theater und Komödie am Kurfürstendamm ist ein Karl Lagerfeld Geschäft und ein Kaisers. Über dem Namen Lagerfeld steht Q-Damm 208, auf der Glastür nochmal und: Schuhe von Fratelli und Rosetti. (komisch doch, daß eine Firma die z.B. Bruno Banani heißt und hauptsächlich Unterwäsche führt überhaupt irgendeinen Umsatz macht. – Die Leute sind vor nichts fies.)

Die Wellensittiche Franz und Hansi. Der Papagei von Steiff hat keinen Namen.
Vorschlag: Ingo.

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Das Haus der CDU am Wittenbergplatz ist schön.

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Die halbesoterischen Veranstaltungen in der Urania, lebensweltlich orientiert.

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Aus der Urania heraus kamen meistens ältere einzelne Frauen oder Frauen in kleinen Gruppen, die alle eine große rosa Rose mit dickem Kopf und langem Stiel in der Hand trugen. Sie waren wahrscheinlich bei „Der erfahrbare Atem wird 100“, Festveranstaltung zu Ehren von Prof. Ilse Middendorf gewesen. Drei von ihnen, in hellen Steppjacken und Halstüchern, beeilten sich die Kreuzung Kleiststraße zu überqueren und waren eigentlich trotz ihres fortgeschrittenen Alters recht flott, aber die Grünphase so kurz, daß es eine richtige Unverschämtheit von den Verkehrsplanern ist. Ich empörte mich als engagierte Mitbürgerin, daß sie gezwungen wurden mit ängstlichen Gesichtern ihre klapperigen Knochen da rüber zu retten und die dicken dummen Landrover ihnen fast in die Kniekehlen fuhren, wollte mich solidarisieren und etwa sagen: wer soll das denn schaffen? – aber sie waren gar nicht ansprechbar, ganz konsterniert starrten und schwiegen sie und beschwerten sich auch nicht untereinander, sondern suchten wahrscheinlich die Schuld allein bei sich selbst, jede für sich. Entschuldigung, es stimmt, wir sind alte Frauen und haben hier eigentlich aus mehreren Gründen seit Jahren nichts mehr verloren. Sind ungeil im Anblick, verursachen nur noch Kosten und behindern auch noch die Abläufe in eurem Brutalo-Verkehr.

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Dann kam die Kirche der Heiligen der letzten Tage, gegenüber die nordischen Botschaften, ist das die Mun- oder Moon-Sekte, Moonies, Munies, nein es sind Mormonen, die auch die großangelegte Family-Search.org Datenbank betreiben. „Pfahl Berlin“ stand auf dem Schild, dann Hofjägerstraße dann plötzlich querfeldein rumpelpumpel in den dunklen Tiergarten abgebogen, vor Bellevue die einsam patrollierenden Polizeibeamten, gut. Daß da der Wulff jetzt drin sein soll, aber schon den Köhler konnte ich mir nicht vorstellen, egal, keine Zeit, die Sonne lacht, man kann sich nicht beschweren über Berlin, es wird eine Menge geboten, die Infrastruktur ist da, Material zu Hauf. Die Probleme liegen woanders.

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  1. admin

    Ich fahre jetzt zu einem Drillingsvater im sogenannten Soldiner Kiez, der im Ubuntu-User-Forum Berlin als Supporter aufgeführt ist, es aber eigentlich nicht mehr macht, weil er jetzt Drillingsvater ist und als Portrait einen Grizzly-Bären hat. Ich habe schon Angst. Er soll mein Tagebuch vom Sommer retten. (Von Mitte Juni bis 20. September ist alles weg.) Er könne mir allerdings nicht viel Hoffnung machen und sei kein professioneller Datenretter. Mir ist schlecht. Gestern war ich erst am Teufelssee und dann auf dem Glockenturm im Olympia-Gelände. Sehr empfehlenswert.
    Erst war noch eine Reisegruppe oben, die so sprachen wie wenn Harald Schmidt seinen Heimat-Dialekt nachmacht, Esslingen, Nürtingen oder so, ganz ganz schlimm, sie sagten 300 Mal hintereinander: Desch iss die Siemensstadt do hinte, ned? isch des d Siemensstadt? jo, desch is d Siemensstadt do hinte, müßt d Siemensstadt sei? isch es des do, d Siemensstadt? ich dachte nur: haut endlich ab ihr Schweine. Dann hauten sie ab und es kam niemand mehr. Es war sehr schön alleine dort oben. Der Aufzug fährt so schnell hoch, daß man lacht. (Diese Nazis, krass.)

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Abends Zeughaus-Kino vollbesetzt, Beginn der Suffragetten-Filme, nettes Publikum, sehr sympathische Einführung, Filme ab 1901 glaube ich, Mütter der Klamotte, Nonstop Nonsens, Didi Hallervorden. Ich saß vorne neben dem Pianisten, der auch Schifferklavier und Querflöte spielte und dachte laufend: alle tot. Alles Tote. Die Kinder die 1904 in die Kamera lachen: alle alle tot, verwest.

12 Reaktionen zu “Kirche der Heiligen der letzten Tage”

  1. forsthoff

    schöner titel das.
    und dat klang ja nu nich nach knülle.eher urst schau beobachtet…berlin,blicke.
    ja:die letzte ausfahrt west.
    pu der bär im kuhdorf.tischtelefon im kafee keese.und das thema „100 jahre erfahrbarer atem“.ist schon ne wucht.beachte erFAHRbar….wahrscheinlich waren die ehemaligen frolleins noch so durch den wind,als das…“nichts zu verlieren ausser die perlenketten“.(so in einem bericht über stuttgart 21)
    das nennt man dann bürgerbewegung.(mir wurde berichtet von handgreiflichen auseinandersetzungen beim samstags“marsch des schweigens“diverser christen.ja jibt et allet..).nichtsdestoweniger waren nach grenzdurchbruch bornholmer die kathedralen des kapitalismus damals schon beeindruckend.(die westreisende oma sagte immer,das du mir nicht am bahnhof zoo landest-) glücklicherweise gab es keinen palmenstrand .nur novembernebel.aber es roch schon anders.

    und wird dann demnächst.und sei es wegen ungenügender wärmedämmung-abgerissen all das.city west ade.
    ps
    der jüngst verstorbene schauspieler frank giering trank und wohnte dort.(wahrscheinlich wegen schnellen anschluss nach magdeburg.seiner heimatstadt.aber selbst der ice halt ja nicht mehr meines wissens am zoo.am besten alles auswildern…
    ps.vorgestern fiel mir was auf auf der kastanienallee.jetzt weiss ich was es war,-eine rentnerin.wo sind eigentlich all die blindenbinden hin?

    komisch,das ich nicht einfach nur schaue,sondern zugleich zwanghaft kommentiere.ist das schon das alter-? against interpretation

  2. admin

    Lieben Gruß aus dem Happy Day. Der Supporter war sehr nett, seine Frau und die Drillinge auch. Wir haben nichts gefunden, mein Computer muß dort übernachten. Ich bin ganz unruhig. Das Internet sei voll von bösen Menschen, sagte er. Das stimmt bestimmt, aber ich meine trotzdem so kann man doch nicht leben, das Mißtrauen ins Unendliche gesteigert und gespiegelt. Man soll so tun, als sei es das Normalste, anständig zu sein und nicht der vermuteten Bösartigkeit des anderen durch noch mehr eigene zuvor kommen zu wollen. Wie auch.

    (das sagt natürlich auch ein Dummer. Aber auch einer, der keine Probleme mit der Existenz von niederen Instinkten hat. Wer über seine niederen Instinkte und Impulse lachen kann, muß sich von ihnen nichts diktieren lassen. Sie verlieren ihre Macht. Ich sage es Ihnen, es ist so.)

  3. admin

    Und wenn ich die 200 Seiten nicht wiederkriege hatte ich mir vorgenommen zu denken, war ja nur das übliche Genöle, sei doch froh. 200 Seiten Genöle weniger. Aber da zwischen stehen ja die guten Sachen, die man nachher erst, bei der Durchsicht sieht. Erst 1, 2 Monate später!° Manchmal nur einzelne Worte, die ganze Zukunft praktisch.

  4. zwanzig

    und ich hatte noch so doof gefragt unlängst. wegen archiv. etc. ich bin die blöde ahnung. mist. ich habe viele filmdaten verloren. aber da hat man noch cassetten.
    und die worte sind nur im kopf. aber nicht zusammen. mehr. bedauern. hier.

  5. forsthoff

    ich habe zu ergänzen deinen schönen blog.rhizom:
    selbige-welche geehrt wurde bei urania.(auch ich habe vorher gelesen und notiert die formel:100 jahre bewegter atem) heut aber auf dem plakat die daten dortigen lebens erst wirklich wahrgenommen:21.09.1910-02.05.2009./also waren bei jener veranstaltung-des gedächtnises-eintritt frei!-all jene, die ihren tatsächlich fast 100 jahre langen langen weg begleiteten(bette davies:“alter ist nichts für feiglinge“)///und wir fangen jetzt schon an.—damals in köln/oder berlin ost usw/du so.ich so.(es gibt zudem für mütter besagte dritte lebenshälfte-)//ATEM allerdings :

    ps.1 eigenes zitat meiner:
    „als ich im november vor 3 jahren im krankenhaus war und mir der hals aufgeschnitten ward und ich weder sprechen noch überhaupt stimme besass….
    las ich andrejs platonow „tschenwengur“ und fand folgenden schönen satz:den ich meinen HNO zeigte.aber er verstand nichts…
    „Mit vielen Eigenschaften ist der Mensch ausgestattet;wenn man eingehend über sie nachdenkt,kann man sogar über sein eigenes,allsekündliches Atmen vor Begeisterung wiehern.
    (Doch was ergibt sich daraus.Unterhaltung und Spiel mit dem eigenen Körper,aber keine ernsthafte äussere Existenz.)“

    Botschaft an alle:da draussen:der administrator hier sagte mal“habt keine angst“.
    Und:habt keine angst.euer gegenüber ist freundlich.

  6. forsthoff

    habe-ich lerne!!!-meinen vorherigen eintrag nicht direkt in den blog/bzw ohne vorherige sichtung geschrieben.mein beitrag passt ja dennoch sehr zu deinem letzte eintrag.ohne das ich ihn las.-war freitag bei pro qm vorstellung von kultur &gespenster und bei bitomsky.dann würgeengel.du also im zeughaus.fühlte mich dort die jahre über eher alleine.gab aber mitunter bewegende NS bzw. nachkriegsfilme dort…
    was gotscheff godard betrifft
    http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=4694:die-chinesin-ndimiter-gotscheff-jean-luc-godard-volksbuehne&catid=38&Itemid=40#comment-15905

    da wäre ich nun wirklich tatsächlich auf dich angewiesen,was du sagst dazu/und möchte dir wenigstens das programmheft zuschicken.
    ein letztes mal:blogs bringen jene intimität mit sich…/ich lese dort dein leben seit 5 jahren.und bange mit dir mit.ob deine 200 /500 seiten gerettet werden.ahoi….martin

  7. admin

    ist gerettet!

    intim: ich hoffe, daß der Datenretter der Ehrenmann ist, für den ich ihn halte und meine peinlichen Daten gleich gelöscht hat.

  8. forsthoff

    im zeughaus kann man wirklich klasse filme sehen.meist mit nicht genauer zu klassifizierenden publikum und seltsam lehrreichen einführungen.
    einer meiner höhepunkte war „heimkehr“.ein ausschnitt hier
    http://www.youtube.com/watch?v=UryiZ9cUmxY
    verwesende sprache…deutsches wesen.

  9. admin

    Volker Strähle! ein Lichtschein in diesem grausamen Wetter und Welt. Leider konnte ich ihn nicht hinaufbitten, ich hatte gerade alles frisch gewachst. Wir haben uns darauf verständigt, daß auch Gnam bald wieder herkommen soll.

  10. admin

    Der Mann gestand außerdem, sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als 1000 Mal als vermeintlich Körperbehinderter Frauen genähert zu haben. Er hatte an Haustüren geklingelt, eine Armlähmung vorgetäuscht und die Frauen dann sexuell belästigt.

  11. forsthoff

    „lichtblicke oder es regnet hunde und katzen“:da dieses kuhlbrodtsche „prima“hier im uhu-blog mal erwähnt wurde.hier eine angenehme beschreibung seiner dessen,wo wir letzte woche nicht zugegen sein konnten…oder wollten. oder so….(…).
    http://blogs.taz.de/tagesbriefe/

  12. admin

    klasse Text

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