Thema Nr. 1: Elend
Alles ist jetzt immer schon 20 Jahre her, daran habe ich mich fast gewöhnt. Aber im Moment ist alles irgendwie von 1981, 30 Jahre her! Und ich wollte gerade nachsehen, ob nicht diese Ausstellung zum Thema Elend auch von 81 ist, da finde ich unter „Thema Nr. 1 Elend“ einen Text von Günter Schulte, der viel Mühe darauf verwandt zu beweisen, daß Nietzsche schwul war und in dessen Seminaren im Grunde alles sexualisiert wurde und jede Abwehr dagegen nur ein weiterer Beweis für die Richtigkeit der Thesen, wie für die eigene kranke und sexualfeindliche Verdreht- und Verklemmtheit. Ich übertreibe. Wenn man also nach dem Seminar zu anderen sagte, das sei einem als Erklärung ein bißchen zu blöd, sagten die [alles Männer] gleich: ja, da mußt du dich mal ernsthaft fragen, was da bei dir schief läuft und woher der Ekel kommt. In Wahrheit nämlich — in Wahrheit nämlich begehre man alles, was man abwehrt, für zudringlich und blöd hält und man soll doch mal locker lassen, sich gehen lassen, sich bekennen und dadurch befreien, am besten gleich hier. (ich habe nichts dagegen zu behaupten, daß Nietzsche schwul war oder nicht schwul war. Und Günter Schulte war als Ausgleich immer ganz gut. [ich hatte allerdings was dagegen, daß man bei sexuellen Themen ein bißchen gezwungen war, eine gewisse Lässigkeit an den Tag zu legen, um nicht als irgendwie gestört zu gelten und leider alles still hinzunehmen, was wirklich stört.]
Nicht mehr hingegangen zu Schulte bin ich, als er zu begeistert war von Botho Straußens Bocksgesang, aber ich leider zu diffus, nervös und rednerisch zu unbegabt, um da was gegen vorzubringen. Ich konnte leider nicht beweisen, daß der Text doof ist, ich wußte es nur. Das Reden überließ man immer denen, die es können bzw. einfach machen; das war schlecht.) Ich erinnere mich jetzt gut, wie ich da gesessen habe auf heißen Kohlen, und mich 1 1/2 Stunden geärgert überhaupt so in Reichweite des Dozenten zu sein, daß der einen vielleicht ansprechen könnte. Man beklommen was vorformulierte, für den Fall man wird dran genommen (!) und noch größere, geradezu tierische (!) Angst davor, es könnte vor Aufregung einfach etwas von selbst – hervorbrechen. Ungezügelt, unkontrolliert, unangemessen (Orgasmusangst!) und das wäre peinlich gewesen aber vielleicht auch noch gegangen, aber auf eine Nachfrage, Verständnisfrage, weiter Gehendes, was unweigerlich folgen würde, weil Interesse geweckt worden war, KONNTE man sich ja überhaupt nicht vorbereiten, das war völlig unberechenbar und deshalb ging schon die erste Äußerung nicht. Trotz des ermunternden Nickens des Gelehrten, der wohl sah, wie hart und verzweifelt man mit sich rang. – Sagen Sie doch mal was. Sie müssen doch keine Angst haben. (so schrecklich erging es mir während meiner ganzen langen langen Universitätszeit.)
1. Immoralistische Internationale
Zu Nr. 76:
Das Christentum hat Eros und Aphrodite verhunzt, notwendige und regelmäßige (sexuelle) Empfindungen zur Quelle des inneren Elends gemacht bei jedem Menschen, (gesperrt gedruckt!), nicht etwa nur bei Homosexuellen. Aber es gibt eben ein meistens geheim gehaltenes und dadurch tiefer wurzelndes Elend, sagt Nietzsche. (Und das ist das Elend der Homosexuellen.) Er verweist auf den mutigen Shakespeare mit seinen (die gleichgeschlechtliche Liebe betreffenden) Sonetten, in denen er die christliche Verdüsterung in puncto Sex bekennt! Warum gilt als böse, was bei einem selbst ein Vergnügen, beim anderen eine Wohltat, eine wohlwollende Veranstaltung ist, fragt sich Nietzsche? Einen Komödien-Ausgang hat die Verteufelung der Liebe, des Sex, doch gebracht, schreibt Nietzsche: Liebe ist zum Thema Nr. 1 geworden, unbegreiflich für das Altertum, in dem Sex nicht verteufelt, aber eben auch nicht Hauptthema war.
admin
Am 4. April 2011 um 18:08 Uhr
Schulte war mein zweiter Prüfer im Hauptfach. Ich hatte rote (Herren)Schuhe an, die er sich mit Interesse besah und ein bißchen darüber lachte, glaube ich. Dann las er mir vor: „Schauen wir uns ins Gesicht. Wir sind Hyperboreer, – wir wissen gut genug, wie abseits wir leben.“ – Ob ich ihm sagen könnte, was damit gemeint ist? – Ja, eigentlich schon. Nur hatte ich es nicht so direkt sprachlich vorliegen. Irgendwie holperte ich was daher. Dann nächstes Thema. Die Sorge ging über den Fluß. Das Sichängsten ist als Befindlichkeit eine Weise des In-der-Welt-seins; das Wovor der Angst ist das geworfene In-der-Welt-sein; das Worum der Angst ist das In-der-Welt-sein-können. Das volle Phänomen der Angst demnach zeigt das Dasein als faktisch existierendes In-der-Welt-sein. – Von Heidegger habe er nicht so die Ahnung. Ich leider auch nicht so. Warum ich nicht Kant genommen hätte? Weiß ich auch nicht. (auch keine Ahnung.) Irgendwann war es vorbei und er gab mir eine drei (minus).
Am 5. April 2011 um 02:12 Uhr
Ich war zu schnell abgelenkt und weggetrieben, weder Titel noch Jahr stimmt, sondern:
1. Außerordentliche Veranstaltung in
Bild und Klang zum Thema der Zeit:
Elend
1979
(mir doch egal)
Am 31. Mai 2011 um 15:34 Uhr
Schulte hält im SS11 das gleiche Seminar wie das, in dem ich meine erste Hausarbeit im Fach Philosophie geschrieben habe. Noch mit der Privileg-Schreibmaschine Schrifttyp Quadrato und Tipp-Ex Blättchen. Wahrscheinlich 1988: Theorie der Gefühle.
Für die Seminararbeit legen wir zwei Texte zugrunde: 1. Jean-Paul Sartre: Skizze einer Theorie der Emotionen (in „Die Transzendenz des Ego, Drei Essays“, Philosophische Schriften 1, Rowohlt 1997, 9.45 Euro) und 2. Hermann Schmitz: „Der Leib, der Raum und die Gefühle“ (Edition Sirius, Bielefeld und Basel 2009, 14.50
Nach Sartre betrifft die Emotion die Gesamtheit der Beziehungen des Daseins zur Welt. Der Übergang in die Emotion ist eine vollständige Veränderung des ´In-der-Welt-Seins` nach den ganz speziellen Gesetzen der Magie. Kann man Sartre als Vertreter einer sich an Husserl anschließenden ´alten´ Phänomenologie bezeichnen, so Schmitz als den Begründer einer ´Neuen Phänomenologie´, die er in vielen Tausend Seiten seines ´Systems der Philosophie´ ausgearbeitet hat. Schmitz richtet sich mit einem Buch an alle, die sich und die Welt vom Leib her neu begreifen wollen.
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auch nicht schlecht klingt:
Selbstwiderlegung, epistemische Inkonsistenz und kognitiver Selbstmord. Kommt natürlich auf den Dozenten an, vielfach verbergen sich unter reißerischen Titeln ganz brave Leutchen. Ich kenne aber Herrn Grundmann nicht.
Auf der Wanderung habe ich mit einer jungen Dichterin gesprochen, die auch in Köln Philosophie studiert hat, leider hat sie von Professor Janssen nie etwas gehört und nichts erfahren. Seine Titel und Ankündigungen waren nicht reißerisch, eher buddhistische Tiefstapelei in diesem (schriftsprachlich) angestrengt wirkenden, für Fremde bestimmt auch unsouverän klingenden Deutsch. Geredet hat er ja nochmal ziemlich anders. Das Mündliche [die Organische Einheit Janssen!] war für mich das Eigentliche an der Sache. Aber alle sind noch da. Auch Herr Eley liest dieses Jahr wieder über Die Lehre vom Begriff in Hegels „Wissenschaft der Logik“, wie schon vor 20 Jahren. Oh, das war schwer! Zu Eley gingen praktisch auch nur Männer (90%, zu Janssen 80%) und hinterher ging man trinken in eine Kneipe in Sülz, da wo er wohnte. Ich ging 2,3 mal mit. Man erfuhr immer eine Sonderbehandlung „als Frau“. Rücksichtnahme plus komische Schäkerei. Das war nett gemeint, aber eigentlich nicht auszuhalten. (Weil man ja selber auch nicht normal sein konnte, sondern irgendwie versuchte so zu tun, als sei man klug oder ebenso sachlich und als Sache aufzufassen wie der Herr Kommilitone, damit das geschwollene Verhalten aufhören könnte. Und man selbst sich auch nicht mehr aufgefordert fühlen müßte, dem 30 oder 40 Jahre älteren Herrn Professor Ähnliches zu entgegnen.)
[Herr Eley wollte mir mal ein Kompliment machen, hielt kurz inne und sagte recht vorsichtig: „Sie sehen nicht aus wie NICHTS, Sie sehen aus wie ETWAS.“
Das fand ich eigentlich ganz süß.]
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Emeritii