Der Bau

Thomas Gann hatte in Ein Gespräch über die Angst im Rahmen von PORTRAIT I in DIE FUGE, Graefestraße 1, über Franz Kafkas Der Bau von 1923/24 gesprochen. Ein Text, der vermutlich in Berlin entstanden ist. Kafka lebte hier ab September 1923 mit der aus Polen stammenden Jüdin Dora Diamant, die er während eines Erholungsurlaubes an der Ostsee kennengelernt hatte. Im März verschlechtert sich sein Zustand, er stirbt am 3. Juni 1924.

(Im Grunde kann die Frau nicht in einem Salon mit anderen sitzen und einem Vortrag folgen. Weder Salon noch Hörsaal noch sonstwas. Versucht nur dem Reden des anderen zuzuhören, sich zu vergessen. Geht fast nie. Kein Thema, ich weiß. Aber Drangsal, Bedrängnis.)

Vorrede.
Nach 5 Minuten ist das Wort Angst ca. 18 Mal gesagt worden. Es gefällt mir.
Thomas wird gar nicht älter, keinen Tag, nie.

Es geht los. Der Bau ist eine von Kafkas traurigsten Geschichten. Das, was vor dem Beängstigenden schützen soll, ist selbst beängstigend. Das auf seine Verteidigung bedachte Tier ist ganz allein. Vertrauen, denkt das Tier, kann ich niemand. Kein Vorteil und kein Schaden. Angst und Einsamkeit und Dunkelheit. Jetzt Wilhelm Reich. Es sei nicht leicht zu erklären, warum der Körper der geliebten Person die Spannung löst. Angst und Einsamkeit hingen zusammen. Verstehe nicht. Thomas hat ein broschiertes, schön schlabbriges weiches Exemplar von 1933. Charakteranalyse. Technik und Grundlagen, Stempel: Institut für Sexualforschung. Bibliothek der Universität Hamburg, Signatur V 1933/1.

S. 109 „(…) träumte er zum ersten Mal offen von seinem Mißtrauen gegenüber der Analyse:

Unzufrieden wegen des bisherigen Mißerfolges der Analyse, wende ich mich an Professor Freud. Er übergibt mir als Mittel gegen meine Krankheit einen langen Stab, der die Form eines Ohrlöffels hat. Ich empfinde Befriedigung.“

Aus einer gewissen Lässigkeit heraus hatte sich das Tier schlafen gelegt.

Wie der wohl gewesen ist, dachte ich noch. Wie der wohl geredet hat, der Kafka.

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