DIE NERVEN

Sammlung für Hamburg Vortrag

 

Ich liege auf dem Sophienfriedhof mit dem Kopf nach unten. Die rostige Eisenmauer ist heiß wie eine Pfanne, ich muß auch weinen wegen den Astern und diesen dünnen Herbstkrokussen

Mein Kunstwerk ist so gut geworden, daß ich selber erschrocken bin und ich es jetzt selbst mir gar nicht erklären kann, wie es dazu gekommen ist. Ich mußte weglaufen

 

Ruhestätte Adolf Lortzing:

"Sein Neid war deutsch und und deutsch sein Neid

Sein Leben Kampf und Noth und Neid

Das Neid flieht diesen Friedensort

Der Kampf ist aus, der Neid tönt fort."

 

Als die ersten Isotrop-Sachen auftauchten hab ich sofort gedacht: boah, daß die sich mit so ollem Kram raustrauen, Wahnsinn. Das mach ich doch auch und denk schon im Moment seiner Entstehung: boah, ist das ein oller Kram, überflüssig und total veraltet im Moment seiner Entstehung

Aber dann war ich richtig froh, daß sie es machten. Dann war es ja endlich mal raus auf dem Tablett, dieser schöne alte Scheißkram.

Obwohl ich dann wieder gleich dachte: jetzt bin  i c h  aber echt alt, wenn ich schon so denke.

Fast 30. Scheiße.

 

Weil ich dann anfing so theoretisch darüber zu denken, wie sie ja auch, teils. Man ist so zwei, drei Leute mindestens. Der eine ist wirklich verrückt, der andere tut nur so und der dritte ist vollkommen klar.

Wirklich verrückt stimmt nicht.

Man möchte unzurechnungsfähig sein und sich um nichts kümmern, sich alles erlauben, steht hier.

Ich steh auf kreative Typen, wollte ich meinen Vortrag nennen. Es stimmt.

 

Jedenfalls zitiert sich vieles selbst und der Düstervorwurf ist Quatsch.

 

Die ewige innere Schule, die innere Blendung,  vor sich selbst...

 

Im Urlaub lese ich nochmal Sartre "Der Ekel" wie vor 20 Jahren. Aber ich schaffe nur bis Seite 12.

Das bringt es nicht. Viel eher bringt es dies:

Abends auf RTL Gottlieb Wendehals durch den Maden-Teich schwimmen zu sehen in der sauberen Anlage MIRAFLOR auf Grand Canaria und am nächsten Tag die wirklich bösartige  Großberichterstattung der BILD-Zeitung, Ausgabe „Spanien“ dazu.

Abends spielt Country Willy in der Voodoo-Bar auf Zuruf aus seinem Repertoire, das aus 600 Liedern besteht. „B 104!“ – „A 387!“

 

Ich kann nicht mal auf Wiedersehen zur Zugehfrau sagen, ich sagte leider "au revoir". Überhaupt ist es mir so peinlich, daß sie mein Bett macht und mir den Schlafanzug drapiert.

 

Einmal, vor ein paar Tagen, las ich bei Andy Warhol, wie peinlich ihm die Anwesenheit einer Putzfrau immer sei. Er gehe deswegen den ganzen Tag nicht aus dem Hotelzimmer raus, damit kein Hausmädchen hereinkönne. Weil er dann nicht wüßte, wo er hinschauen soll.

Nur das Schwein Karl-Heinz Wagner von der BILD-Zeitung hat damit keine Probleme. Zu ihm kommt täglich eine, die ihm alles macht und die er die ganze Zeit fixiert dabei und feixt

 

Weiter gehen, als die eigenen Kategorien reichen.

 

Und dann wird jeder von der Geschichte geholt und eingeholt. So soll es sein.

aber          Nicht vor dem Ende

 

Die esoterische Glocke als Ausschlußmittel, verkaufsfördernd eingesetzt. Welten schaffen und so aussehen lassen, daß andere begehrlich werden.

 

Daneben gibt es aber auch "echten" Antrieb sich sich selbst verklärend durch die Straßen treibend zu beobachten mit all den schönen Erfindungen, die man sich so macht.

 

Es interessiert ja immer viel mehr dasjenige, was man nicht begreift.

 

Zum Beispiel, wie man den Subjektbegriff entkernt oder das Subjekt selbst entkernt

 

Im Urlaub dachte ich an die Tagung hier und dachte, was gut wäre, wäre so "offen" und unverstellt zu sein, wie es grade geht: also das ehrliche Interesse an der Kunst an dem ehrlichen Interesse an der Kunst nicht zu verbergen. Und nicht drüberzuwischen mit Witzchen vor dem Hintergrund, wie man selbst besser fortkommt. In dem Sinne: höhö, wir Quatschis verstehen uns schon, wie blöd können wir eigentlich sein, wir blöden Quatschis

 

Jedoch muß aber natürlich auch selber besser fortgekommen werden.

 

So dachte ich und las, wie schon gesagt, auch Andy Warhol nochmal wieder, wie vor 13 Jahren, 1991 im Frühling, da war ich 23. Das muß man sich mal vorstellen. Ob´s Andy heute noch bringt, schwer zu sagen, eigentlich nicht so doll. Andy wußte jedenfalls, daß es "nichts bringt", mit seiner "Verzweiflung" hausieren zu gehen. Jedenfalls, wenn man es auf eine bestimmte Tour macht. Und daß Geld erst kommt, wenn man es eigentlich nicht mehr braucht, dann schmissen sie es einem nur so hinterher, drängten es einem regelrecht auf

Als ich dann nachdachte darüber, wie ich den Vortrag nennen soll - da ich ja genug astreine Titel im Handschuhfach hätte, wie gesagt wird, - das stimmt übrigens! - dachte ich aber an den schlechten Titel "Ekelwörter: Strategie, Position, etc." Was mir zu doof war, weil es sich ja von selbst erledigt. Hoffentlich. Ich will mich nicht um so einen Scheiß kümmern.

Will mich damit wirklich nicht aufhalten

 

Ich lese also Andy Warhol, langweile mich ein bißchen, lese "Ich gestatte mir die Revolte", langweile mich tatsächlich noch mehr und wenn es jedem darum geht, sein Fortkommen zu machen und wie und das alles zu hassen, diese widerlichen Gedanken an das "wie" und „Verteidigung“ usw., dieser Mist einen ständig von richtiger Arbeit träumen läßt, die eigene Arbeit, die einfach richtig wäre